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Dani Gerber

Der Prozess der Trauerarbeit

Diese Woche am 22.04.2024 wäre mein Vater 69 Jahre alt geworden. Er ist nun seit bald 18 Jahren nicht mehr unter uns und ich erlebte in dieser Zeit alle Arten der Gefühle. Von totaler Überforderung, Wut, Unverständnis, Opferrolle, Angst, Depression, tiefer Trauer bin ich über Akzeptanz und Loslassen hin zu Dankbarkeit und Demut gekommen.


Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als mir Mam von deinem Tod erzählt hat. Plötzlich lief alles wie in Zeitlupe ab und das Unfassbare war zur Realität geworden. Vor einiger Zeit habe ich einen Text auf Facebook veröffentlicht, an dem ich dich gerne hier nochmals teilhaben lassen möchte. Denn nur 4 Jahre später starb auch meine Mutter und ich hätte lange Zeit nicht gedacht, dass ich mit diesen Schicksalsschlägen jemals frieden finden kann. Doch ich habe es geschafft und davon handelt folgender Text, mit dem ich Menschen in einer ähnlichen Situation Mut machen möchte:


16.10.2006:

Heute bist du von uns gegangen. Ich kann mich noch gut an den Schmerz erinnern, als ich von deinem Tod erfahren habe. Nun bist du einfach nicht mehr da. Dabei dachte ich, ich hätte noch ein ganzes Leben, um mit dir Zeit zu verbringen, um Worte zu wechseln und Momente zu teilen. Die Nachricht von deinem Tod löst in mir einen Schmerz aus, mit dem ich nicht umgehen kann, der mich überwältigt. Am 16.10.2006 beginne ich daher damit eine Schutzmauer um mein Herz zu bauen. In den folgenden Jahren kommen einige weitere schwierige Ereignisse in mein Leben, die meine Mauer immer stärker und den Zugang zu meinem Herzen immer schwächer werden lassen.

An deinem Todestag, sowie auch am Todestag von Mam, dachte ich bisher immer mit viel Trauer an euch zurück. Eine Frage stand dabei immer im Vordergrund. Warum? Warum musstet ihr so früh gehen? warum musste das gerade mir passieren?


09.09.2022:

Heute bin ich auf Ibiza gelandet und mein ganzes System scheint zu spüren, dass ich eine emotionale Woche erleben werde. Den ganzen Tag spüre ich eine tiefe Trauer in mir. Ist es die ungewisse Situation? Ich starte in den Lehrgang zum Lebenscoach, kann ich das? Sind es die vielen, mir noch unbekannten Menschen, die in mir diese Gefühle auslösen?

Gegen Ende des Kurstages erhalten wir die Aufgabe, schwierige Momente unseres Lebens aufzuschreiben und voll rein zu spüren. Natürlich ist bei mir der Tod meiner Eltern im Fokus und nun halte ich die Trauer kaum mehr aus.


Marco Lehmann fragt durch die Runde, was die Übung mit einem gemacht habe. Ich spüre genau, dass ich mich nicht mehr beherrschen kann, sollte er mich nach meinem Empfinden fragen. Ich schaue weg, hoffe er spricht mich nicht an. Doch Marco spürt sowas ganz genau. Und so kommt, was kommen musste. Marco sagt, dass ich aufgewühlt aussehe. In diesem Moment könnte ich ihn gleichzeitig erwürgen und umarmen. Weil ich nicht ausbrechen will, und doch weiss, dass mir das so gut tun wird.


Ich sage in die Runde, dass ich enttäuscht sei, weil ich dachte den Tod meiner Eltern besser verarbeitet zu haben (ja, das dachte ich im Kopf tatsächlich). Und dann bricht es aus mir heraus. Ich kann die Gefühle nicht mehr zurückhalten und weine hemmungslos vor der ganzen Gruppe. Vor Menschen, die ich erst ein paar Stunden kenne.


Ich erzähle meine Geschichte und sage Dinge, die mir selbst gar nicht bewusst waren. Mir war nämlich nicht klar, dass ich mich sogar schuldig fühlte. Marco lässt mich einfach erzählen und mich meine Gefühle ausleben - genau richtig! Dann holt er mich in den Raum und macht mit mir eine systemische Aufstellung.


Meine Warum-Fragen werden nach 16 Jahren endlich beantwortet. Die Last, die ich mir auf die Schultern gepackt habe, fällt von mir herunter, als mir endgültig bewusst wird, dass ich keine Schuld tragen muss und ich zum Glück nicht bestimmen muss, wann jemand in die geistige Welt gehen darf.


Die über 16 Jahre aufgebaute Mauer um mein Herz fällt innert Sekunden in mir zusammen. Was für eine Erleichterung. Ich weine immer wieder, jetzt aber aus tiefster Dankbarkeit. Die Gruppe sorgt für eine Atmosphäre voller Liebe, die minutenlange Umarmung mit Duri Sulser sorgt für tiefste Heilung und ich geniesse nun jede einzelne Sekunde in vollsten Zügen.

Marco fragt mich, wie es mir geht. Ich kann aus tiefstem Herzen sagen, dass es mir absolut grossartig geht. Vor vielleicht 30 Minuten war ich noch voller Trauer und am Boden zerstört. Nun geht es mir so gut, wie seit Jahrzehnten nicht mehr oder vielleicht sogar wie noch nie.

Ich bin so dankbar, dass ich immer wieder aufgestanden bin. Dass ich trotz dunkelsten Zeiten, das noch so kleine Licht unermüdlich gesucht habe. Ich bin so dankbar für meine Stärke, die mich immer hat daran glauben lassen, den Weg zu meinem Herzen wieder finden zu können. Ich bin so dankbar für meine Offenheit verschiedene Methoden auszuprobieren, um den Schmerz in mir zu heilen. Und ich bin so dankbar für meinen Mut, meinen Gefühlen freien Lauf gelassen zu haben.


Ich bin so dankbar für meine liebe Frau Melanie Gerber, die mich immer unterstützt hat und an mich geglaubt hat. Ich bin so dankbar für meine wunderbaren Kinder, die ich über alles liebe.


Ich bin Marco Lehmann, Tamara Christina und be you in Zürich so dankbar für ihre wertvolle Arbeit, die sie jeden Tag leisten. Ich bin der ganzen Lehrgangs-Gruppe für die bedingungslose Liebe und die wundervolle Energie so dankbar.


Ich spüre den tiefen Wunsch in mir, dass so viele Menschen wie nur möglich, das Gleiche erleben dürfen, wie ich es auf Ibiza erleben durfte. Dafür gehe ich los und gebe mein Bestes, um es in die Welt tragen zu können. Für das Gefühl der tiefen Befreiung, sobald blockierte Emotionen gelöst werden, gibt es keine passenden Worte. Die Dankbarkeit, diese Schwere endlich losgelassen zu haben, ist grenzenlos und begleitet mich seit Ibiza jeden Tag!


Heute ist der erste Todestag meines Vaters, an dem ich mit einem Lächeln und tiefer Liebe an ihn denken kann. Nach 16 (!) Jahren. Ich liebe dich Pap und bin so dankbar, dass ich dein Sohn sein darf .


In Liebe


Dani

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